Trommeln mit den Fröschen

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Froschtrommeln

Copyright (c) Josch13 / pixabay.com

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Klänge können Archäologen nicht ausgraben.  Aber Trommeln, die können Archäologen finden. Sie sind ein Hauptthema der Vietnam-Ausstellung im LWL-Museum für Archäologie in Herne. Auf eine imposant große Bronze-Trommel der nordvietnamesischen Dong-Son-Kultur stosse ich gleich im Eingangsbereich. Sie ist zwischen unglaublichen 1900 und 2500 Jahre alt. Unweit daneben entdecke ich auf einem Bambusuntergestell eine weitere, etwas kleinere Bronze-Trommel gleicher Bauart.

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Dong-Son Trommel; Copyright (c) federfluesterin

 

Wie mögen sie damals, vor so vielen Hunderten von Jahren wohl geklungen haben, diese riesigen, schweren Trommeln?

 

 

 

 

 

Die kleinere der beiden Bronze-Trommeln in der Eingangshalle darf ich ausprobieren. Der leichte Schlag mit dem großen Holzschlegel auf die kreisrund verzierte Metalloberfläche erzeugt einen kraftvollen Klang, der zu meinem Schreck alle anderen Besucher in der Halle innehalten lässt. Die Trommel erklingt in einem tiefen, vollen Ton, der den ganzen Raum mit seinen Schwingungen erfüllt, einem rollenden Gewitterdonner ähnlich.

So ein mächtiges Instrument – beeindruckt frage ich mich, wie wurde es wohl gespielt, mit welchen  Rythmen, welchen Melodien?  Diente es zur Begleitung anderer Instrumente, wie den faszinierenden Bambusinstrumenten in der Ausstellung – eines von ihnen wird durch den Luftstoss beim Klatschen der Hände gespielt – und dem Stein-Xylophon , oder von Gesang? Oder war die Trommel ausschließlich ein Solo-Instrument?

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Oberfläche einer Dong-Son-Trommel; Copyright (c) federfluesterin

Die Archäologen fanden die Trommeln in Gräbern von Menschen hoher gesellschaftlicher Stellung in der Dong-Son Welt. Das lässt sich aus den umfangreichen und wertvollen Grabbeigaben schließen. Die Trommeln, die anscheinend vor dem Tod einzig von ihrem männlichen Besitzer gespielt wurden, wurden mit ihm begraben.

In anderen, kämpferischen Kulturen findet man Schwerter als wichtigste Grabbeigabe und Begleiter ins Jenseits in den Gräbern, hier ist es eine Trommel.

Was sagt uns das über die Kultur dieses alten vietnamesischen Volks?

Warum war die Trommel so wichtig? Welche Bedeutung hatte sie für die Menschen?

Materiell wertvoll waren die Trommeln, denn sie wurden mit einer, auch heute noch technisch sehr anspruchsvollen, in der Handhabung heiklen Gusstechnik hergestellt. Eine solche Trommel konnten sich sicherlich nur die Dong-Son-Elite leisten. Die Grabbeigabe Trommel bedeutete möglicherweise die Anerkennung dieser Stellung.

Gab es aber noch einen anderen Grund?

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Dong-Son-Trommel von oben; Copyright (c) federfluesterin

In die Mitte der Schlagfläche der Trommel haben die Guss-Künstler eine erhabene, also dreidimensionale Sonne gestellt, die ihre 14 Strahlen in alle Himmelsrichtungen aussendet. Bei indigenen Völkern  in Asien, Europa, Amerika und Afrika steht auch heute noch das Symbol der Sonne für die oberste Gottheit. Sie wirkt in den ganzen Kosmos. Die Zahl 4 wird in Asien, genauso jede weitere Zahl, die die 4 enthält, also auch die Zahl 14 mit der Vollendung und dem Tod assoziiert, dem Übergang in das Jenseits, die Welt der Gottheit.

Die wunderschönen, ausgefeilten Verzierungen, die die Schlagflächen der Trommeln in konzentrischen Kreisen bedecken, zeigen Vögel im Flug. Vögel tragen in der Welt der indigenen Völker Sibiriens und Nordamerika symbolisch die Gebete der Menschen gen Himmel. Die Bewegung entgegen des Uhrzeigersinns zeigt an, dass es auch um die Verinnerlichung des Gebets durch den Menschen geht.

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Ich entdecke stylisierte Vögel mit langen Schnäbeln, wahrscheinlich Kraniche. Kraniche begleiten den Toten in das Jenseits und stehen für das Glück des ewigen Lebens. Hirsche oder Rehe, die im Kreis rund um die Trommel laufen, sind das Symbol der ständig sich erneuernden Schöpfung, Kreislauf von Tod und Leben. Auch hier zeigt die Richtung entgegen des Uhrzeigersinns an, dass die Erneuerung des Lebens im eigenen Inneren des Menschen stattfinden muss.

Stilisierte Frösche auf einer Dong-Son Bronze-Trommel; Copyright: LWL-Museum für Archäologie in Herne/S. Brentführer

Stilisierte Frösche auf einer Dong-Son Bronze-Trommel; Copyright: LWL-Museum für Archäologie in Herne/S. Brentführer

Die Trommel wird von vier stilisierten Fröschen geschmückt. Selbst heute noch sehen die Menschen in Vietnam  den Klang der Frösche symbolisch als wagemutiger Bote an, der unablässig ihre Gebete zum Himmel trägt. Wie der alte Mythos vom Regengeist und dem Frosch erzählt, waren es in früheren Jahrhunderten Gebete für Regen und um Barmherzigkeit Gottes mit den Menschen, die der mutige Frosch, der bei jedem Gewitterregen stets wieder zum Leben erweckt zu werden scheint, ohne Unterlass zur Gottheit trug.

Genauso wie die Trommeln, denen ihre Musiker unaufhörlich einen symbolischen „Gewitterdonner“ entlockten.

Als geweihte Trommeln für heilige Rituale standen die Frosch-Trommeln in einer Zeit, als  die Beziehung zur Gottheit für die Menschen und die Gesellschaft das Leben prägte, zentral in der Dong-Son-Kultur.

Nutzen Sie Ihre Chance, liebe Leser,  bis zum 26. Februar 2017, und insbesondere am kommenden Sontag, dem 29. Januar 2017 zur Feier des vietnamesische Neujahrsfestes Tet in Herne, mit den vietnamesischen Fröschen zu trommeln!

 

Ich danke dem LWL-Museum für Archäologie in Herne, insbesondere Herrn Tafertshofer von der Pressestelle, für die gute Zusammenarbeit und die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung meiner Fotos der Ausstellung.

 

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2 Antworten zu Trommeln mit den Fröschen

  1. Beats And Noises schreibt:

    Hallo Federflüsterin,
    danke für diese schönen Impressionen von der Vietnam-Austellung. Ihr Artikel ist eine schöne Ergänzung zum Wikipediaeintrag über die Dong-Son-Trommeln, der m. E. sehr technisch und wissenschaftlich ist. Ihre persönlichen Ausführungen komplettieren mein Bild der Frosch-Trommeln. Schade, dass ich es nicht zur Austellung geschafft habe, aber Sie waren ja da und haben es hier wunderbar geschildert. 😉
    Bester Gruß
    Knuth

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    • federfluesterin schreibt:

      Hallo Knuth,
      es freut mich sehr, dass Sie der kleine Artikel angesprochen hat. Wie schade, dass Sie doch nicht zur Ausstellung fahren konnten, sie ist wirklich ganz besonders.
      Aber wer weiß, vielleicht ergibt sich ja irgendwann noch einmal eine Gelegenheit für Sie. Mit den besten Wünschen,
      Ihre Federflüsterin

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