Homöopathie wird nicht verboten

Jedes neue Arzneimittel für eine Seltene Erkrankung, das für den deutschen Markt zugelassen werden soll, muss sich einem rigorosen Prozess der wissenschaftlichen Überprüfung unterziehen, bei dem außer dem Fehlen von gefährlichen Nebenwirkungen, wie das wohl jeder selbstverständlich für richtig halten wird, die Wirksamkeit nachgewiesen werden muss, und seit einigen Jahren der Zusatznutzen gegenüber bereits zugelassenen, älteren Arzneimitteln. Gelingt der Nachweis nicht, erhält das Medikament keine Zulassung und kann daher laut Arzneimittelverordnung auch nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden.

Die neuen Biologicals, die gerade für Seltene Erkrankungen entwickelt wurden,  stehen seit kurzem  im Mittelpunkt einer Diskussion über ihren Zusatznutzen gegenüber den (ur-) alten Medikamenten.  Das ist nicht zufällig so: Sie kosten die gesetzlichen Krankenkassen viel Geld, da sie aufgrund ihres Patentschutzes, der eine Preiskonkurrenz durch Generika ausschließt, pro Therapieeinheit relativ teuer sind. Die Krankenkassen würden sie lieber nicht bezahlen müssen. Der längere Patentschutz wurde jedoch gerade deshalb gesetzlich eingerichtet, weil sonst für Seltene Erkrankungen gar keine Medikamente entwickelt werden würden.

Demgegenüber wurde jedoch alleine in 2014 in deutschen Apotheken mit homöopathischen Heilmitteln ein Umsatz von 528 Millionen Euro erzielt, der Stückpreis pro Mittel lag bei durchschnittlich 10,87 Euro, also nicht gerade billig, ohne dass die Wirksamkeit, geschweige denn ein Zusatznutzen gegenüber herkömmlichen Arzneimitteln jemals nachgewiesen werden musste. (siehe auch folgender Artikel aus 2010:http://www.zeit.de/politik/2010-07/homoeopathie-gesundheit-krankenkassen/seite-2)

Versteht das noch Einer?

Ja, wenn er sich realisiert, dass da gewaltige finanzielle Interessen von Apothekern, Ärzten, die unter dem Motto „homöopathischer Behandlung“ die Stunde Zeit mit den Krankenkassen abrechnen können, die sie sonst nicht bezahlt bekämen (und warum auch nicht, die homöopathischen „Heilmittel“ wirken zwar nicht,  schaden tun sie ipso facto, – außer dem Geldbeutel – aber, wie die australische Metastudie von 2015 zeigt, mangels Wirkung auch nicht), Heilpraktikern und der homöopathischen Pharmaindustrie dahinterstehen. Die Deutsche Homöopathie-Union (Mitarbeiter: 500, Umsatz/Jahr 100 Millionen Euro) sprach in einem Interview mit der Pharmazeutischen Zeitung offen über ihre intensiven Marketingmaßnahmen, mit dem Ziel, ihren Umsatz in Apotheken zu steigern.

“ Unser deutschlandweiter Apotheken-Außendienst informiert über Serviceangebote wie Schulungen des Apothekenpersonals, unterstützt bei gemeinsamen Kundenveranstaltungen und stellt aktuelle Produktschwerpunkte vor. Das Angebot schließt auch saisonal wechselnde Materialien für das Schaufenster, den HV-Tisch oder die Apotheke insgesamt mit ein. Darüber hinaus gibt es unsere Zeitschrift »Gesund durch Homöopathie«, die Apotheker neben weiteren Broschüren für ihre Kunden bei uns bestellen können.“ (siehe http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=41722)

Wie die Süddeutsche Zeitung bereits 2012 berichtete, wird dagegen versucht, Kritiker der Homöopathie  systematisch mundtot gemacht. (siehe http://www.sueddeutsche.de/wissen/homoeopathie-lobby-im-netz-schmutzige-methoden-der-sanften-medizin-1.1397617#redirectedFromLandingpage). Ein Verhalten, das sonst doch immer der schulmedizinischen Pharmaindustrie unterstellt  und entsprechend kritisiert wird, oder? Die homöopathische Welt ist keinesfalls die bessere, alternative Gutmensch-Welt!

Die Ausrufer

Homöopathie wurde in den USA nicht verboten. Auch wenn sich das für Homöopathen fast so anfühlen mag. Die Food and Drug Administration (FDA) sowie die Federal Trade Commission (FTC) haben sich gegen eine weitere Sonderbehandlung homöopathischer Arzneimittel ausgesprochen. Das bedeutet zum einen, dass auf den Packungen in Zukunft ein Hinweis stehen muss, aus dem deutlich wird, dass es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass Homöopathie besser als Placebo funktioniert. Die FDA hat sich dazu, wie bereits Regierungskommissionen in Großbritannien, der Schweiz und Australien, die aktuelle Studienlage angesehen. Befürworter und Gegner konnten Stellung beziehen. Die „positiven“ Studien, die in Diskussionen so gerne angeführt werden, wurden also bei der Entscheidung, wie bereits in Großbritannien, der Schweiz und Australien, berücksichtigt.

Was meine ich mit Sonderbehandlung? Homöopathische Mittel gelten- das ist in den USA wie in Deutschland –  aus historischen (nicht aus wissentschaftlichen) Gründen als Medikamente und werden von der…

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2 Antworten zu Homöopathie wird nicht verboten

  1. emhaeu schreibt:

    Ach, da predigt man, vermute ich, tauben Ohren heutzutage. Wo immer ich mal was Ähnliches sage, schallt mir direkt der Satz entgegen: „Wer heilt, hat recht“. Und damit ist die Diskussion (und die Wissenschaft) beendet ….

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    • federfluesterin schreibt:

      Viele chronisch Kranke suchen sich diesen Fluchtweg, weil die Lösungen, die ihnen die Schuldmedizin bisher bieten kann, so unbefriedigend und belastend sind, z.B. eine lebenslange Chemotherapie bei Rheumapatienten. Da Placebos lt. wissenschaftlicher Untersuchungen einen bis zu 3 Wochen anhaltenden Effekt durch Selbstkonditionierung haben können, ist es darüberhinaus durchaus möglich, dass Patienten nach dem Besuch beim Homöopathen und/ oder der Einnahme von homöopathischen Mitteln eine "heilende" Wirkung wahrnehmen. Zusätzlich erfahren sie es als angenehm, dass ein – homöopatischer – Arzt auch endlich mal Zeit für sie hat und zuhört. Ich verurteile diese Menschen deshalb nicht.
      Es ist aber nur zu hoffen, dass mit mehr Information über die objektive Nicht-Wirkung der homöopathischen „Heil-„Mittel und das Agieren der dahinterstehenden Industrie und Lobbygruppen auch mehr Menschen sich dafür entscheiden, auf die letzlich selbstbetrügerische Flucht in die Homöopathie zu verzichten.

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